Korrekt (wobei ich die Grenze nicht bei 1000, sondern schon bei 360 km ansetzen würde. 360 km schafft nämlich das E-Auto mit der derzeit größten Reichweite, der Tesla S mit 85-kWh-Akku).anpan hat geschrieben:Warum muss man das E-Auto in wenigen Minuten auftanken können? Es reicht doch völlig aus, wenn man die über 90% der Fälle abdeckt und der Akku eine Kapazität hat, die für die täglichen Fahrzeiten ausreicht. Während der Standzeiten (die den Großteil der Zeit ausmachen) kann es dann an die Säule. Dann dauert es halt 2-4h. Das stört dann auch nicht. Dafür sind dann nur noch Leistungen im zweistelligen kW-Bereich nötig und nicht hunderte.
Die Leute, die 1 oder 2 mal im Jahr >1000km fahren wollen sind dann halt raus.
Leider sind aber die Leute, die "dann raus sind", die allermeisten. Es ist zwar richtig, dass >90% aller Fahrten Kurzstrecken sind, die auch ein Elektroauto problemlos packen würde. Ebenso ist aber richtig, dass >90% aller Privat-PKW zumindest gelegentlich für Fahrten benutzt werden, die die Reichweite eines Elektroautos übersteigen. Jedenfalls kenne ich niemanden, bei dem das nicht der Fall ist. Und genau das ist das Verkaufshemmnis: die Leute wollen ein Auto, das einerseits die täglichen Fahrten zur Arbeit, aber andererseits auch den Weihnachtsbesuch bei der 500 km entfernt wohnenden Oma packt. Sie wollen für den Weihnachtsbesuch oder die Fahrt in den Urlaub ihr heißgeliebtes Auto, für das sie viel Geld bezahlt haben (im Falle eines Elektroautos sogar exorbitant viel), nicht stehen lassen und stattdessen für noch mehr Geld ein passendes Auto anmieten. Also wird ein Auto angeschafft, das für alle Eventualitäten taugt und das obendrein nur die Hälfte eines E-Autos kostet, bei dem man Kompromisse eingehen müsste.
Ich war letztes Jahr auf 2 Hochzeiten eingeladen. Die eine fand 650 km, die zweite 800 km von meinem Wohnort entfernt statt, und zwar jeweils an einem Sonnabend. Ich wollte dafür nicht mehr Urlaub als nötig verballern und habe die Anreise daher jeweils auf den Freitag und die Rückreise auf den Sonntag gelegt. Diese Reiseplanung hätte ich mir schlicht in den Allerwertesten schieben können, wenn ich kein Verbrenner-Auto zur Verfügung gehabt hätte. Die speziell für die 800-km-Strecke erforderlichen Ladestopps hätten die Reisedauer so verlängert, dass sie ohne Übernachtung nicht zu schaffen gewesen wäre. Ich wäre also vielleicht zum Hochzeitsessen rechtzeitig angekommen, aber die eigentliche Feier hätte ich verpasst. Mit einem Verbrenner-Auto schafft man dagegen 800 km problemlos an einem Tag.anpan hat geschrieben:Das ist in meinen Augen jammern auf hohem Niveau. Ich würde an der Stelle halt irgendwo einen Zwischenstopp einplanen. Vielleicht in der Nähe eines kleinen Vergnügungsparks oder bei Verwandten.
Nun wird in unserer Familie natürlich nicht in jedem Jahr geheiratet. Aber auch Fahrten in den Urlaub oder schlichte Verwandtenbesuche sind nicht nur bei uns nicht gerade selten und auch bei denen sind häufig mehrere 100 km am Stück zurückzulegen.
Damit bist du in der Minderheit oder du hast deinen Führerschein noch nicht sehr lange. Jedenfalls geht es niemandem, den ich kenne, so wie dir. Auch bei mir war es anders: da ich über 600 km vom Wohnort meiner Eltern entfernt studiert habe, hatte ich schon mit meinem allerersten Auto gleich mehrfach im Jahr Entfernungen zu bewältigen, vor denen jedes Elektroauto kapitulieren muss. Davon abgesehen, pflegte ich damals häufig am Freitag nachmittags nach der letzten Vorlesung loszufahren. Ich war dann nach ca. 8 Stunden Fahrzeit (incl. Pausen) immer so gegen 1.00 Uhr morgens bei meinen Eltern. Irgendwelche Verwandte, bei denen ich hätte übernachten und das Auto aufladen können, gab es auf der gesamten Strecke nicht. Mit einem E-Auto wäre das schlicht nicht möglich gewesen.anpan hat geschrieben:Bei mir ists zum Beispiel so, dass die längste Strecke, die ich am Stück gefahren bin, seit ich meinen Führerschein habe, so um 250km liegt.
Je länger die Reichweite, umso länger die Ladezeit. Höhere Akku-Kapazitäten lösen das Problem nicht. Im Gegenteil, sie verschärfen es.anpan hat geschrieben:Wenn 500km Reichweite (von der Akkutechnik her) bezahlbar werden, dann bin ich selbst für die gelegentlichen längeren Strecken auch im Winter versorgt.
Du verwechselst Menschen mit Fahrten. Sicher reichen 500 km für weit über 90% aller Fahrten, aber nicht für 90% aller Fahrzeuge, denn so gut wie jedes Fahrzeug, das 90% seiner Laufleistung auf Kurzstrecken zurücklegt, wird zumindest gelegentlich auch mal für Langstrecken benutzt. Und die Leute wollen halt ein Auto, das für beides taugt, auch wenn die Langstrecken-Tauglichkeit eher selten gebraucht wird. Entscheidend ist hier nicht, wie oft das Auto für eine Langstrecke genutzt wird, sondern dass es überhaupt dafür genutzt wird. Und genau das dürfte bei über 90% der Fahrzeuge der Fall sein.anpan hat geschrieben:Ich behaupte mal, dass das für weit über 90% der Menschen vollkommen ausreicht, wenn es nicht sogar überdimensioniert ist.
Dass ich mit diesem Anforderungsprofil nicht alleine dastehe, zeigt schon der Umstand, dass sich Elektroautos weltweit nur in vergleichsweise geringen Stückzahlen verkaufen. Verbrenner-Autos gehen dagegen wie geschnitten Brot. Andere Autokäufer scheinen daher ähnliche Maßstäbe an ihr neues Vehikel anzulegen wie ich. Ich wüsste jetzt auch nicht, warum sich das in absehbarer Zeit ändern sollte.
Mal ganz abgesehen davon, dass für einen sinnvollen Einsatz eines Elektroautos noch andere Bedingungen erfüllt sein müssen: ein E-Auto braucht einen Stellplatz mit Steckdose (die Anzahl der Autobesitzer, die über einen solchen verfügen, dürfte in der Minderheit sein) und es taugt wenn überhaupt nur als Zweitwagen für Kurzstrecken (auch die Anzahl der Haushalte mit mehr als einem Auto dürfte in der Minderheit sein). Weiterhin muss das Auto ins Budget des Haushalts passen. Und hier haben wir schon wieder ein Problem: Die Anzahl der Haushalte, die sich den Mehrpreis für einen Elektro-Zweit(!)auto leisten können oder wollen, dürfte ebenfalls nicht sonderlich hoch sein. Als potentielle E-Auto-Käufer kommen nur diejenigen in Frage, die alle Kriterien erfüllen. Minderheit x Minderheit x Minderheit ergibt aber winzigkleine Minderheit. Und genau die erzeugt ein weiteres Problem: niemand hat Lust, für eine winzigkleine Minderheit der Autofahrer eine teure Lade-Infrastruktur aus dem Boden zu stampfen (seit einiger Zeit stagniert der Ausbau des Ladestations-Netzes, weil er sich lt Auskunft der Energieversorger nicht rechnet). Außerdem schafft es eine winzigkleine Minderheit der Autokäufer nicht, die Hersteller zur (preisgünstigeren) Produktion großer Stückzahlen zu veranlassen. Die Preise für E-Autos werden also hoch bleiben. All das wird sich ändern, wenn Elektroautos eines Tages für alles taugen, für das heute Verbrenner-Autos benutzt werden. Dann steigt die Anzahl derjenigen, für die ein Elektroauto geeignet ist (und damit die Nachfrage nach E-Autos) auf ein Vielfaches. M. E. ist das aber nur zu erreichen, wenn die Ladezeiten so kurz werden wie die Tankzeiten bei Verbrenner-Autos. Mit Akkus ist das wegen der dafür notwendigen, irrsinnig hohen Ladeleistungen nicht zu machen. Mit Brennstoffzellen ist es dagegen ganz einfach, insbesondere dann, wenn die Brennstoffzellen mit Methanol gespeist werden. Für Methanol gibt es bereits ein gut ausgebautes Tankstellennetz, denn man kann dafür herkömmliche Tankstellen nutzen (der teure Aufbau eines Ladestations-Netzes entfällt also) und ein leerer Methanol-Tank ist in wenigen Minuten wieder gefüllt.
Gruß
Michael