Moin zusammen,
nach genau einem Jahr und fast 3000km will ich nun mal meine Garelli Ciclone e2 aus Italien vorstellen und ein paar Erfahrungen mit euch teilen. Bin ich echt der erste, der so eine fährt?
Die Daten:
- Kaufpreis: 3400€ + 100€ Lieferung + 150€ für ein extra Schnellladegerät
- Motor: angeblich 1900W (Bosch MT3.5x13-48V-1500W-530r)
- Akku: Li-Ion 2kWh (48V, 40Ah), entnehmbar, 13kg
- Reichweite: 50km sind sicher. Mit Glück, Rückenwind und besseren Reifen bestimmt auch etwas mehr.
- Ladegerät: 5A Standard, 10A mit Aufpreis
- Beleuchtung: 12V Abblendlicht 6W, Fernlicht 12W, Tagfahrlicht? 3.5W. Blinker und Rücklicht sind auch LED. Alles bis auf das Tagfahrlicht+Rücklicht kann abgeschaltet werden
- Rahmen: Aluminium
- Gewicht: 66kg (ohne Akku)
- Maximale Zuladung: 150kg
- Reifen: 130/60-13
- Höchstgeschwindigkeit: 47km/h laut GPS
- Dimensionen: 1669 x 750 x 1072 mm
- Rekuperation: Ja! Beim Betätigen der Hinterradbremse, sonst freies Rollen
- Tempomat: Auch ja! Merkt sich aber nur die Position des Gasgriffs, nicht die eigentliche Geschwindigkeit
- Aussehen: Objektiv wundervoll
Gerade geliefert, Lenker dranschrauben, Akku vollladen und Zeit für die erste Fahrt! Aber zuerst mal den Akku einsetzen. Dafür schiebt man den Akku von hinten unter die Sitzbank. Anschließend schließt man die Sitzbank am Schloss inmitten des Sitzes auf und klappt diese nach vorne. Unter dem Sitz findet man das Verbindungskabel (Chogori 2+1+5 glaube ich, ähnliches kennt man z.B. vom Unu) für den Akku, welches man zuerst aus dem Weg bewegen muss, um den Akku mit etwas Schmackes in die Halterung zu schieben. Mit einem dritten Schloss unter dem Sitz kann man den Akku jetzt diebstahlsicher abschließen und dann ans Netz nehmen.
Schlüssel ins Zündschloss, Hochfahren dauert eine Sekunde, los kanns gehen. Es ist Mitte November; Dunkelheit, Schneefall und gegen 3 bis 4°C. Das scheint dem Moped wenig auszumachen. Der Akku kommt gewärmt aus dem Zimmer, das Display zeigt für ihn 20°C an. Er wird die Temperatur bis zum Ende der Fahrt halten. Allgemein wird mich die Ciclone in den fast 3000km durch Schnee, Regen, Kälte und Hitze bringen und mich nie im Stich lassen, solange ich ihre Reichweite nicht überschätze.
Der Scheinwerfer erhellt die Nacht erstaunlich gut! Zumindest für ein so kleines Moped. Mit Abblendlicht fährt man nicht blind, selbst bei Gegenverkehr. Mit Fernlicht könnte man fast einem Auto-Abblendlicht Konkurrenz machen.
Die Sitzposition ist sehr aufrecht, man hat alle Beinfreiheit der Welt. Der Sitz ist bequem, auf jeden Fall bequem genug dass der Hintern nie weh tut bevor der Akku aufgibt. Hier darf sogar ein Sozius Platz nehmen. Den hinteren Teil des Sitzes kann man unabhängig vom vorderen Teil auch abschrauben, um irgendwas anderes mit dem Platz zu machen.
Die Beschleunigung ist sachte. Der Radnabenmotor gibt sein bestes, und es reicht um beim Ampelstart ganz gut mitzuhalten. Vom Hocker wird man aber nicht gehauen. Auf der Geraden ist das voll ok. Bei Steigungen dauert es dann schon mal länger bis zur Höchstgeschwindigkeit. Einen Berg hoch bleibt man dann auch mal 5-10km/h unter der Höchstgeschwindigkeit.
Die Rekuperation setzt automatisch ein, sobald man an der Hinterradbremse zieht. Dabei geht es dann ganz gut zur Sache, weil die Rekuperation nur ja oder nein, 0 und 1, nix oder volle Pulle kennt. Fand ich kurz gewöhnungsbedürftig, aber finde ich bis jetzt nicht unangenehm.
Es gibt drei Fahrmodi, laut GPS:
- 1 - 20km/h mit reduziertem Drehmoment
- 2 - 30km/h
- 3 - ...Momentchen mal, 45km/h laut Tacho, also 37km/h!?
Danach läuft die Ciclone wie ein Wirbelwind, mit echten 47km/h! War echt lieb von Händler & Hersteller mir das zu ermöglichen. Andererseits hätte ich das Moped aber auch wieder in Retour geben müssen.
Als HMI bekommt man einen Tacho in analog und einen Tacho in digital! Man brauchts nicht wirklich doppelt, aber hübsch sieht es aus. Das Display enthält außerdem die Akku-Temperatur, Ladestand, Odometer und Amperemeter(?). Am unteren Displayrand wird in 5A-Blöcken angegeben, welche Stromstärke der Akku gerade abgibt. Maximum sind 60A oder 1.5C. Ergibt das dann wohl eine Spitzenleistung von 48V*60A=2880W? Auf der linken Seite werden Abblend- und Fernlicht sowie Blinker angezeigt. Die Knöpfe rechts, ähm die, tja. Die braucht man nicht damit wird zwischen Kilometer und Meilen umgestellt glaub ich, deshalb verwende ich sie nie. Da muss ich noch mal reingucken.
Akku aufladen. Das geht daheim im Zimmer oder auch während der Akku im Moped eingebaut ist. Das Ladegerät wird per Mini-Chogori Stecker an die Seite des Akkus gehängt, dort ist ein zweiter Steckplatz unabhängig von dem großen Chogori 2+1+5 Stecker. Auf der anderen Seite des Ladegeräts findet man ein C13 Kaltgerätekabel, welches auswechselbar ist. So kann man das gelieferte 1.5m Kabel z.B. gegen ein 3m Kabel austauschen, um einfacher an Ladesäulen laden zu können. Die Kabel des Ladegeräts lassen sich so unter der Sitzbank so verklemmen, dass es niemand mehr einfach so mitnehmen kann
Mit dem 5A Ladegerät 6-8 Stunden Ladezeit, das 10A Gerät halbierts.
ABER DAS 10A LADEGERÄT, NE!? Ich habe das Teil letztes Jahr direkt mitbestellt gehabt. Ist schon wichtig, wenn man unterwegs mal laden möchte. 5A wären da eine Zumutung. Eine Zumutung war aber auch die Lieferzeit des 10A Geräts
Es kam vor zwei Wochen an. Fast ein Jahr Lieferzeit. Garelli hatte angeblich einige Probleme mit der Lieferung aus China, dann hing der Spaß noch Monate beim Zoll etc. pp.
Mittlerweile sollte Garelli das 10A Ladegerät aber auf Lager haben. Hoffentlich.
Reichweite. 50km schafft man mit einer Ladung sicher. Ab 20% fängt die Beschleunigung allmählich an zu leiden, Höchstgeschwindigkeit verringert sich um ein paar km/h. Die maximal abgegebene Stromstärke wird verringert, ich müsste aber lügen wenn ich Zahlen nenne. Ab ~10% kriecht das Moped, vor 0% schaltet es sich automatisch ab.
Pi*Daumen kann man gut mit 2% pro Kilometer rechnen. Bei 100% sind die ersten 5% unsichtbar, es sind sozusagen 105%. Die letzten 5% sind aber nicht wirklich nutzbar, so landet man also trotzdem bei 100 Prozentpunkten insgesamt.
Reifen und Geländegängigkeit. Mit der Ciclone habe ich schon hohe Wiesen, tiefen Matsch und Waldwege mit doch beachtlicher Steigung überwunden. Fahrmodus 1 mit begrenztem Drehmoment ist super wenn es rutschig wird. Alles in allem ist das Moped aber echt nicht fürs Gelände gebaut
Wenn mal ein Baumstamm den Weg versperrt kann man das Moped zwar einfach darüber hinweg werfen, aber das ist wohl sein einziger Vorteil.
Die Stollenreifen sind ziemlich laut und begrenzen sicherlich auch die Reichweite. Mein nächstes Ziel ist, Straßenreifen draufzumachen und dann zu schauen, was sich verändert. Für Ausflüge über Feldwege und Schotter werden die trotzdem dicke reichen. Dafür bräuchte ich als eifriger Laie aber erst noch eine Anleitung von meinem Händler oder von Garelli, weil das Handbuch gar nichts zum Ausbau des Radnabenmotorreifens hergibt. Beide tun sich bisher aber sehr schwer mit dem Antworten
So, das soll jetzt erstmal reichen. Die Länge des Beitrags ist jetzt doch etwas ausgeufert.
...noch ein bisschen Trivia. Es gibt sechs verschiedene Designausführungen der Ciclone e2. Diese unterscheiden sich in Farbe, Sitzmaterial, Windschild, Reifen und deshalb auch im Preis. Antrieb, Akku etc. sind immer gleich.
Garelli hat wohl auch eine e4 Version der Ciclone, mit 2.5kWh Akku (72V 35Ah) und 4kW Leistung. Diese geht dann bis 70km/h, zählt also als 125er. Hat die gleichen Dimensionen wie die e2, kostet aber fast das doppelte.
Hier noch ein Bild beim Laden in der Wildnis, mit extra Ente.